(Dieses Review spiegelt meine subjektive Meinung als Teilnehmerin eines Fotoseminars bei Gabriele Boiselle wieder.) Lange wollte ich bei der Pferdefotografin schlechthin ein Fotoseminar besuchen. Als Pferdefan und begeisterte Fotografin finde ich die Pferdebilder von Gabriele Boiselle einfach schön. So erfüllte ich mir diesen Wunsch heuer im April mit einem Fotoseminar in der Westernstadt Pullman City, um möglichst viel von einem meiner Vorbilder zu lernen. Als Quarterhorse-Besitzerin und Westernfan schien für mich zudem Pullman City das perfekte Ambiente zu sein.
Tyson, der wunderhübsche Quarterhorse-Hengst
Wild ist der Westen, schwer ist der Beruf…Ich hatte mich also umgehend angemeldet und bezahlt. 420 Euro für 2,5 Tage sind kein Pappenstiel, aber ich wollte mir diesen Wunsch unbedingt erfüllen. Gesagt getan. Einige Tage nachdem ich mich angemeldet und das Geld überwiesen hatte, kamen die Unterlagen mit Einzelheiten über das Seminar. In den Materialien war allerdings auch ein Wisch den man noch unterschreiben sollte. Zum einen stand darin, dass man die Fotos, die man während des Seminars macht, nicht kommerziell nutzen darf. Das ist in Ordnung und auch absolut ok. Was in meinen Augen nicht in Ordnung ist, dass der Teilnehmer sich verpflichtet sowohl Frau Boiselle (bzw. Edition Boiselle) als auch dem Gestüt (Pullman City) alle entstandenen Bilder auf CD zu geben. Diese dürfen von beiden zu werbezwecken genutzt und veröffentlicht werden. Das geht gar nicht! Veröffentliche ich hingegen ein Bild online, muss ich den Namen des Gestüts, als auch „Seminar Edition Boiselle“ unter mein Foto schreiben. Das finde ich eine ziemliche Unverschämtheit und so absolut nicht in Ordnung. Noch bei keinem Workshop musste ich so eine „Vereinbarung“ unterzeichnen, was ich in dieser Form auch nicht gemacht habe. Im Übrigen ist so eine „Vereinbarung“, wenn sie nach Vertragsabschluss eingereicht wird, unzulässig und muss nicht unterschrieben werden. Einem erfahrenen Cowboy pinkelt man nicht in die Satteltasche…
Auch Nachwuchs-Cowgirls waren mit am Start
Nichtsdestotrotz freute ich mich auf das Seminar und es ging am Freitagnachmittag los. Wir trafen uns im alten Schulgebäude der Westernstadt, wo wir unsere Sachen deponieren und unsere Notebooks aufstellen konnten. Ich war erstaunt über die hohe Teilnehmerzahl. 12 Teilnehmer (eigentlich 13, aber einer erschien nicht) nahmen an diesem Seminar teil. 12 Teilnehmer in einem Fotokurs empfinde ich persönlich als arg viel. Bei anderen Workshops die ich bisher besucht habe waren wir maximal sieben Leute. Das hat auch einen guten Grund: Denn nur so ist gewährleistet, dass der Leiter jedem Teilnehmer genug Zeit schenken kann Fragen zu beantworten und auf Probleme einzugehen. Außerdem steht man sich beim Fotografieren die meiste Zeit im Weg. Irgendjemanden hatte ich ständig vor der Linse. Sehr nervig!!
Der erste Nachmittag war in meinen Augen verschenkt. Wir schauten uns relativ lang eine Diashow mit Pferdebildern an. Eine große Erklärung hierzu gab es nicht. Danach ging es endlich zum Fotografieren der Westernshow. Ich hätte mir gewünscht, dass wir vor dem ersten Shooting die ersten nützlichen Tipps bekommen. Worauf muss ich bei den schnell an mir vorbei sausenden Pferden grundlegend achten? Was sollte ich wenn möglich vermeiden? Welche Kameraeinstellungen wären hier prinzipiell von Vorteil? Leider blieb das aus.
Nach der Show gingen wir zu einem Indianer names Hunting Wolf, der eine gute halbe Stunde über sein Volk und das Leben erzählte. Es war nett anzuhören, ich hätte ehrlich gesagt aber lieber die Theorie gemacht, die vor der Show ausgeblieben war…
Portrait eines Indianers
Sehr viel später trafen wir uns wieder im Schulgebäude und lasen unsere Bilder in unsere Notebooks ein. Eigentlich dachte ich, dass Frau Boiselle von Teilnehmer zu Teilnehmer geht und die ersten Ergebnisse begutachtet und endlich wertvolle Tips gibt, aber auch das blieb aus. Frau Boiselle war gar nicht da. Ca. eine Stunde später kam sie und fragte, wie viele Bilder wir gemacht haben. 500 Bilder bei dieser Pferdeshow seien zu wenig. 500 Bilder zu wenig? Es kommt doch nicht auf die Quantität drauf an, sondern die Qualität!? Ich hab verstanden, was Frau Boiselle damit meinte: Man muss draufhalten, wenn die Pferde vorbei galoppieren. Aber wenn die Serienbildfunktion meiner Kamera nicht so schnell ist, muss ich den Moment abpassen – folglich kommen weniger Bilder heraus, was nicht bedeutet, sie seinen schlechter.
Da ich früher viel auf Turnieren fotografiert habe, weiß ich worauf ich bei der Bewegung des Pferdes im Trab und Galopp achten muss, damit ich eine schöne Beinstellung und die gewünschte Bergauf-Bewegung habe. Tipps zur Beinstellung von galoppierenden Pferden gab es auch nicht. Sehr zum Bedauern einer Teilnehmerin, die dadurch ständig die „falsche Phase“ des Pferdes eingefangen hatte.
Zudem war ich erstaunt über die Aussage, dass man nicht mehr im RAW-Format fotografiere. Das müsse man nicht mehr, die Kamera wäre dann zu langsam. Ich denke, das ist von Kamera zu Kamera verschieden und es kommt natürlich auch auf die Speicherkarte drauf an. Meine Kamera (Canon 5d MK III) ist mit der aktuellen Karte im jpg-Format genauso schnell wie im RAW-Format. Der Puffer ist schneller voll im RAW, aber das Pferd ist ja auch irgendwann an mir vorbei galoppiert. Zudem lässt mir das RAW-Format wesentlich mehr Spielraum, was die Nachbearbeitung angeht. Ich kann im Nachhinein viel mehr feinjustieren am Bild als beim jpg-Format. Über diesen „Tipp“ waren ich und einige andere Teilnehmer ziemlich sprachlos.
Auch wunderte ich mich über den Tipp im AV-Modus (Man gibt die Blende vor, die Kamera bestimmt die Belichtungszeit) zu fotografieren. Bei galoppierenden Pferden brauche ich mindestens 1/1000 Belichtung, damit die Bewegungen einfrieren. Wenn ich die Zeit der Kamera überlasse, kann es passieren, dass die Belichtungszeit deutlich drunter fällt und das Pferd verwischt ist. So passierte es auch einer Teilnehmerin, die im AV fotografiert hatte. Alle Bilder waren verwackelt und unscharf. Ich fragte nach, warum nicht im TV fotografiert werden solle. Frau Boiselle meinte, dass im AV auf jeden Fall die Belichtung stimme. ?! Das tut sie im TV auch, zudem will ich ja scharfe Bilder haben und keine Wischer….
Die freilaufenden Pferde sahen wunderschön aus
Belichtet mit 1/1600sek
Abends um sieben Uhr ging es dann in den Saloon zum Abendessen. Ich fand es fast ein wenig schade, denn das Licht draußen war wunderschön um diese Uhrzeit und ich hätte gerne noch in den Abendstunden fotografiert und später gegessen. Frau Boiselle kam leider mit fast einer Stunde Verspätung zum Essen und war nach ca. 40 Minuten auch wieder verschwunden. Das fand ich bedauerlich, so hätte man doch das gemeinsame Abendessen nutzen können, um sich ein wenig besser kennen zulernen und auszutauschen.
Am Samstag wurde auf Grund des schönen Wetters viel fotografiert. Früh morgens ging es mit Cowgirls und ihren Pferden los. Es war eine schöne Stimmung in der leeren noch von der Morgensonne frischen Westernstadt und die Models sahen klasse aus. Vormittags ging es dann auf die große Koppel, die ersten freilaufenden Pferde fotografieren. Diese waren wirklich schön hergerichtet von den Besitzern. Allerdings fehlte auch hier mir, dass sich mehr um die Teilnehmer – gerade die Neulinge in der Fotografie – gekümmert wurde. Frau Boiselle und ihre Assistentin fotografierten fleißig mit, statt aktiv nach den Teilnehmern zu sehen. Besonders ungünstig fand ich, dass einige Teilnehmer die am oberen Koppelzaun standen, dazu abgestellt wurden die Pferde nach unten zu scheuchen. Eine Teilnehmerin war sauer darüber, denn sie hätte auch lieber fotografiert anstatt zu scheuchen. Verständlich! Hier hätte ich eigentlich die Aufgabe bei Frau Boiselle oder der Assistenz gesehen und nicht bei den Teilnehmern!!
Früh morgens posierten die Cowgirls mit ihren Pferden
Dafür gab es allgemeine Tipps zur Fotografie im Gegenlicht und der Auswahl des passenden Hintergrundes. Mein Mann war so nett und besorgte uns Wasser, denn es war unglaublich heiß in der prallen Mittagssonne. Eigentlich hieß es laut Unterlagen, es gäbe Wasser und Kaffee, was es aber ansonsten nicht gab. Das Bändchen für das Parken nahe der Westernstadt gab es ebenfalls nicht. Keine große Sache, trotzdem schade, da es wie erwähnt sehr heiß war an diesem Wochenende und der Parkplatz nicht gerade günstig war. Nachmittags wurden dann weitere Cowgirls und Indianer mit ihren Pferden fotografiert. Frau Boiselle und ihre Assistentin fotografierten auch hier fleißig mit, teilweise sogar andere Models als die Teilnehmer. Sehr schade und ärgerlich!
Am letzten Abend gab es eine schöne Feuershow. Diese war wirklich beeindruckend und ein Highlight. Allerdings fehlten mir auch hier ein paar Erklärungen im Vorfeld. Was ist besonders schwierig an der Lichtsituation, welche Blende und Zeit sind hier sinnvoll? Eine Teilnehmerin, die neben mir stand fragte Frau Boiselle nach einer Einstellung an ihrer Kamera. Aber Frau Boiselle meinte nur, dass sie die Kamera nicht kenne und ging. Ich habe dann versucht der Teilnehmerin zu helfen…
Eine beeindruckende Feuershow war der Höhepunkt des Wochenendes
Am Sonntag gab es dann endlich die versprochene Bildbesprechung der mitgebrachten Fotos. Jeder Teilnehmer konnte bereits im Vorfeld Bilder mitbringen, die dann zusammen mit Frau Boiselle besprochen wurden. Ich hatte neun Bilder mitgebracht, was Frau Boiselle als wenig empfand. Andere Teilnehmer hatten weit über 20/30 Bilder mitgebracht. Auch hier war mir nicht klar, wie man bei 12 Teilnehmern so viele Bilder ausführlich besprechen möchte. Wenn man pro Bild ca. 3 Minuten erklärt (was nicht viel ist), wären das bei 20 Bildern eine Stunde pro Teilnehmer! Mal 12…
Leider fiel die Bildbesprechung dementsprechend aus…. Auch hier hätte ich mir gewünscht, dass jeder Teilnehmer vielleicht nur drei oder vier Bilder mitbringt, dafür diese Fotos aber auch ausgiebig in der großen Runde erläutert und diskutiert werden. Die Bildbesprechung wurde aufgezeichnet und uns einige Wochen später auf einem USB Stick zugeschickt. Auf Grund der Bildbesprechung kam die Theorie so gut wie gar nicht dran. Wir bekamen am Ende Handouts, aber für große Erklärungen blieb einfach keine Zeit. Immerhin gab es am Ende für jeden Teilnehmer noch die aktuellen Kalender. Ihr aktuelles Buch konnte man kaufen und signieren lassen, was bei mir einen leichten Geschmack von Werbeveranstaltung hinterließ.
Die Cowboys sind eins mit ihren Pferden
Fazit: Um beim Western-Jargon zu bleiben: Es ist nicht alles Colt was glänzt. Insgesamt muss ich sagen, dass ich enttäuscht über das Seminar bei Frau Boiselle bin. Keine Frage, die Location war toll, die Reiter und Pferde extra schön geschmückt und hergerichtet. Sicherlich haben wir Motive fotografieren können, die man unter normalen Umständen so nicht schnell vor die Kamera bekommt. Jedoch besuche ich ein Seminar, um etwas zu lernen. Gelernt habe ich leider gar nichts. Zudem wirkte alles etwas unorganisiert und durcheinander. Frau Boiselle mag vielleicht eine gute Fotografin sein, aber ein guter Fotograf ist nicht automatisch auch ein guter Lehrer. Für mich haben ihre Bilder den Zauber verloren.
Ich persönlich verbuche das Fotoseminar unter „Nettes Event-Wochenende“. Wem das die 420 Euro wert ist, kann bedenkenlos teilnehmen. Wer Interesse hat viel über Fotografie zu lernen, dem kann ich so ein Fotoseminar nicht empfehlen. Wie gesagt handelt es sich hierbei um meine persönliche Meinung und den Vergleich mit anderen besuchten Workshops. Andere Teilnehmer mögen das anders empfunden haben.
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